Neukölln – Teil 2

Der Bezirk

Neukölln, benannt nach dem gleichnamige Ortsteil, ist der achte Verwaltungsbezirk von Berlin und mit 328.045 Einwohnern (Stand: 31. Juni 2016) und nach den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte der am dichtesten besiedelte Bezirk in Berlin.
Die erste urkundliche Erwähnung auf Neuköllner Gebiet geht auf das Jahr 1360 und der Ansiedlung namens Richardsdorp, dem späteren Rixdorf, zurück. Am heutigen Richardplatz, einst Dorfanger dieses Dorfes, und in der näheren Umgebung, finden wir heute noch Teile der ältesten Bausubstanz im Bezirk überhaupt. So gehört die historische Schmiede zu den ältesten Gebäuden des Siedlungskerns von Deutsch-Rixdorf. Sie hat den großen Brand von 1849 überstanden, wurde bereits 1949 unter Denkmalschutz gestellt, und wird heute wieder als Kunstschmiede genutzt. Böhmische Glaubensflüchtlinge siedelten sich ab 1737 abseits des Dorfangers an, seit 1797 Böhmisch-Rixdorf mit eigener Verwaltung. 1874 kam es zum Zusammenschluss der beiden eigenständigen Gemeinden zum Dorf Rixdorf, das zu dieser Zeit als größtes Dorf Preußens galt. Das Bevölkerungswachstum erfolgt rasant, so dass Rixdorf im Jahre 1899 mit rund 80.000 Einwohnern das Stadtrecht erhält. 1912 erfolgt die Umbenennung, die Stadt Neukölln wird jedoch bereits acht Jahre später mit den Landgemeinden Britz, Buckow und Rudow nach Groß-Berlin eingemeindet.

Mit dem weiteren Anstieg der Bevölkerung kommt es zur Errichtung erster komplexer Wohnsiedlungen. Herausragendes Beispiel für einen richtungsweisenden Wohnungsbau ist die von den berühmten Bauhaus-Architekten Bruno Taut und Martin Wagner geschaffene Hufeisensiedlung in Britz, die als eine der ersten Großsiedlungen der Weimarer Republik zwischen 1925 und 1933 entstand. Bereits nach umfangreichen Sanierungen in den 1990er Jahren unter Denkmalschutz gestellt, wird dieses architektonische Gebäudeensemble von Weltrang 2008 zum UNESCO-Welterbe mit weiteren Siedlungen der Berliner Moderne ernannt. Im West-Berlin der Nachkriegszeit entstand von 1962 – 1975 im Süden des Bezirks die Trabantenstadt Berlin-Buckow-Rudow, vorwiegend als sozialer Wohnungsbau für rund 50.000 Menschen. Noch während der Bauphase wurde die Siedlung nach dem Gründer, dem Bauhausarchitekten Walter Gropius, in Gropiusstadt umbenannt. Seit 2002, dem 40. Jahrestag der Grundsteinlegung, ist die Gropiusstadt auf Beschluss des Bezirksamtes Neukölln ein eigener Ortsteil. In der Betrachtung als Wohnbezirk weist Neukölln ganz unterschiedliche bauliche Strukturen auf. Neben Hochhäusern in großen Wohngebieten finden wir im innerstädtisch dicht besiedelten Nord-Neukölln einen großen Altbaubestand aus der Gründerzeit, sogenannte Berliner Mietskasernen mit zum Teil begrünten Innenhöfen. In den südlichen Ortsteilen dominieren eher Einfamilienhäuser und Siedlungsbau mit Vorstadtcharakter. Innerhalb dieser unterschiedlichen Bausubstanzen haben sich die alten Dorfkerne erhalten, wie das denkmalgeschützte Böhmische Dorf in Rixdorf, Schloss und Gutshof Britz oder Buckow mit der alten Feldsteinkirche.

Neukölln ist ein Bezirk der Gegensätze und einer bunten Mischung mit multikulturellem Flair, Menschen aus rund 160 Nationen leben hier mehr oder weniger in friedlicher Nachbarschaft. Dem negativen Image mit seinen Problemkiezen versucht der Bezirk mit innovativen Lösungen seit Jahren entgegen zu wirken. Insgesamt ist Neukölln in ständigem Wandel, der gestiegene Zuzug spricht für die zunehmende Beliebtheit des Bezirks. Vor allem Künstler und Kreative haben sich in den letzten Jahren angesiedelt, Ateliergemeinschaften und Designerlabels sind längst keine Seltenheit mehr. Events im Heimathafen Neukölln oder zeitgenössisches Musiktheater in der Neuköllner Oper sind berlinweit angesagt und ziehen auch Touristen an. Neben Kulturtreffs und Szenekiezen hat Neukölln auch eine Reihe an Erholungsorten für gestresste Großstadtbewohner zu bieten.

Über die Stadtgrenze hinaus bekannt ist der Britzer Garten, eine der attraktivsten Landschaftsparks der Stadt, ja sogar in der Liste der schönsten Gärten Deutschlands geführt. Die 90 Hektar große Garten- und Seenlandschaft wurde auf Ackerflächen und inmitten vorhandener Kleingartenkolonien für die Bundesgartenschau 1985 angelegt und dient seither als viel besuchtes Erholungsgebiet für alle Großstädter und Besucher. Dank seiner artenreichen Gartengestaltung ist die Parkanlage zu jeder Jahreszeit sehenswert, Sonderschauen und zahlreiche Veranstaltungen ergänzen das Freizeitangebot.

Die Britzer Mühle, als zwölfeckige Holländermühle 1865/66 erbaut, wurde in das Konzept der Gartenschau eingebunden und 1987 wieder funktionsfähig und als einzige erhaltene von insgesamt sechs Britzer Mühlen an ihrem Originalstandort eröffnet. Ein Verein aus Hobbymüllern betreibt und pflegt die denkmalgeschützte Mühle, Funktions- und Bauweise werden in Führungen erläutert. Ländliche Idylle und einen Blick zurück in die Historie findet man rund um das Schloss Britz, einem ehemaligen Rittergut, erstmals 1375 als Adelssitz im Landbuch der Mark Brandenburg erwähnt, mit einer wechselvollen Geschichte. 1924 ging das Gut Britz in den Besitz der Stadt Berlin über, die es als Stadtgut bewirtschaftete. Im II. Weltkrieg durch Bombentreffer schwer beschädigt, wurden die Gebäude ab 1947 wieder aufgebaut und als Kinderheim genutzt. Erst 1971 erhielt das gesamte Gutshofensemble den Status eines Baudenkmals.
In den Jahren 19895-1988 restaurierte der Bezirk Neukölln das Schloss und die gesamte Parkanlage und stellte somit das einstige historische Erscheinungsbild einer der wenigen erhaltenen typischen Dorfanlagen im Berliner Raum wieder her. Heute befindet sich in den Räumen des Schlosses eine Dauerausstellung, die das Wohn- und Lebensgefühl der Gründerzeit Ende des 19. Jahrhunderts anhand originaler Möbel und Einrichtungsgegenstände vermittelt. Die Gebäude der einstigen Verwalter sowie die Stallungen wurden ebenfalls rekonstruiert und beherbergen heute das Museum Neukölln, eine Musikschule, Räumlichkeiten für Konzerte und Lesungen und ein Restaurant. Die Kulturstiftung Schloss Britz betreibt diesen Standort seit 1989 und bietet den Besuchern ein umfangreiches kulturelles Programm an. Ergänzt wird dieses Angebot durch Konzertveranstaltungen auf einer Freilichtbühne in den Sommermonaten. Ein spezielles Angebot gibt es seit 2008 für Kinder- und Jugendgruppen in speziellen Führungen über den historischen Gutshof „Vom Mittelalter bis zur Gegenwart“, die jungen Besucher können sich im weitläufigen Tiergehege auch über alte Haus- und Nutztierrassen informieren.
Auch der Volkspark Hasenheide hat eine lange Geschichte. Einst Jagdgehege des Großen Kurfürsten und Exerzierplätze mit Schießständen, entstand bis heute ein weiträumiger Volkspark, der sich stetig wandelt. Trotz sichtbarer Probleme des illegalen Drogenhandels bietet der Park Erholungsflächen, die bei Alteingesessenen und Zugezogenen gern genutzt werden. Der kleine Tierpark, der Schritt für Schritt mit neuen Gehegen erweitert wird, ist bei Kindern sehr beliebt.
Wer es beschaulichere mag, unternimmt einen Spaziergang im Körnerpark, eine kleine Oase aus Kaisers Zeiten im Stil einer neobarocken Anlage. Entdecken Sie den Bezirk im Berliner Süden!

 

Wirtschaftsstandort

Neukölln hat sich aus einem typischen Arbeiterbezirk heraus, in dem bereits vor 100 Jahren Hunderttausende in zahlreichen Fabriken und Werkstätten in Lohn und Brot standen, zu einem der wichtigsten Industriestandorte der Stadt entwickelt. Mit dem Wiederaufbau der zerstörten Stadt nach 1945 und der Entwicklung einer neuen Infrastruktur hat auch Neukölln einen über viele Jahre und Jahrzehnte dauernden Anpassungs- und Wandlungsprozess in der regionalen Wirtschaft erfahren. Alteingesessene Industrieunternehmen haben in Modernisierungsmaßnahmen investiert, sie gehören teils zu den führenden Unternehmen ihrer Branchen. So wird nirgendwo in Europa soviel Rohkaffee verarbeitet wie in Neukölln, Technologieunternehmen aus dem Bezirk sorgen für Klimatechnik und Beleuchtung im Berliner Reichstag, auch die Profis für Transport und Logistik haben hier ihren Standort. Neben Traditionsbranchen, wie Maschinenbau, Elektrotechnik und die pharmazeutische Industrie, sind im Zuge des Strukturwandels auch produktionsnahe und innovative Dienstleistungszentren entstanden. Zusätrzlich haben sich auch viele kleine und mittelständische Unternehmen und immer mehr Start-ups in den großen Gewerbegebieten, wie Grenzallee, Teltow-Kanal-Süd oder nördliche Sonnenallee, integriert. Neuköllns Wirtschaft erlebt zusehends einen Aufwärtstrend, Unternehmensnetzwerke wurden gegründet. So repräsentiert das Netzwerk Neukölln-Südring aktuell über 50 Vereinsmitglieder mit rund 5.500 Beschäftigten in den Bereichen Industrie, Dienstleistungen, Handwerk und Immobilienwirtschaft.
Der enorme Wandel des Bezirks und der stetige Zuzug junger und gut ausgebildeter Menschen hat die Entwicklung zu einem innovativen Trendbezirk mit mehr als 1.000 Unternehmensgründungen pro Jahr zur Folge. Auffallend leistungsstark sind hierbei die Bereiche Handel, Gastronomie und Tourismus. Zugpferd dabei ist das ESTREL, Deutschlands größtes Hotel mit 1.125 Zimmern und über 500 Beschäftigten. Neben dem Hotelbetrieb verfügt das Haus auch über das weltweit bekannte Estrel Congress & Messe Center und im Estrel Festival Center finden internationale Show-Events, wie die schon legendäre Doppelgängerproduktion Stars in Concert, statt. Inzwischen ist Neukölln auch das Zuhause unzähliger Kreativer und Kulturschaffender und gehört mittlerweile zu den attraktivsten Standorten. Eine Gruppe von Kreativunternehmen hat sich zum Kreativnetz Neukölln e.V. zusammengeschlossen, um gemeinsame Projekte im Bezirk und darüber hinaus durchzuführen, aber auch zur Stärkung des eigenen Unternehmens und der kreativen Gemeinschaft.